Die Karten des Tarot sind für die meisten Menschen ein Reigen bunter Bilder, die sich zufällig legen lassen, um daraus die Zukunft zu lesen. Das hat etwas Spielerisches, und, je nach Aussage, kippt es zuweilen auch auf eine leicht unheimliche, ernste Seite. Um sich den Gehalt des Tarot zu erschliessen, greifen Laien gerne zu mehr oder minder tiefsinnigen Anleitungswerken, in denen die Symbolik der einzelnen Karten aufgeschlüsselt wird.
Mit diesem Zugang zum jahrhundertalten Spiel ist auch Ursula Arn vertraut. Die Zürcher Buchhändlerin hat Ratsuchende privat mithilfe des Tarots begleitet. Für ihren Roman «So nah und fern zugleich» (Riverfield Verlag) ist sie jedoch den umgekehrten Weg gegangen. Die Geschichte, die sie in dem Buch erzählt, entsteht gewissermassen aus dem Tarot selbst heraus, die Handlung hält sich an die Stationen der grossen Arkana.
Obwohl das längst nicht allen Figuren dieser autobiografisch gefärbten Erzählung bewusst ist, durchlaufen die Protagonisten in ihrer Entwicklung eine Abfolge von der ersten Karte über «Die Liebenden» und «Kraft» bis zur letzten Karte. Die 22 Motive der grossen Arkana wurden von früheren Esoterikern als Stufen der Einweihung bezeichnet. Ursula Arn betrachtet sie als Teilaspekte im Zyklus einer Heldenreise.
Mara und Aram heissen die beiden Helden dieser Liebesgeschichte. Sie lebt unglücklich an der Seite eines Narzissten mit Familie in der Schweiz. Er entzieht sich den Wirren des Bürgerkriegs in Ex-Jugoslawien und verliebt sich in die darbende Hausfrau nördlich der Alpen. «Das Rad des Schicksals» (Karte Nr. 10) dreht sich mal für mal gegen das Glück der Liebenden. Ob es mit den Beiden zu einem Happy End kommt, bleibt in der Schwebe.
Fest steht: Die Grosse Arkana schliesst sich zu einem Kreis, auf «Die Welt» folgt nahtlos «Der Narr», und die Heldenreise geht von vorne los. «Mir bleibt nur noch, Ihnen gute Karten zu wünschen», verabschiedet sich Ursula Arn von ihren Leserinnen, «und die Fähigkeit, mit schlechten gut zu spielen.»
Ursula Arn: So nah und fern zugleich. Riverfield Verlag, gebunden, 400 Seiten, Fr. 32.90
Das Buch auf der Website des Verlages